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Sonntag, 13.6.2010

Tag 5 - In den Bergen

Murnau → Eschenlohe → Oberau → Farchant → Garmisch-Partenkirchen → Graseck
Die Wolken hingen sehr tief
So, heute darf ich wirklich stolz auf mich sein. Ich sitze hier gerade im Forsthaus Graseck und bin total im Arsch bezueglich meinen Fuessen, koennte aber Baeume ausreissen!

Schwerfaellig war wieder mal das Aufstehen (8:40 Uhr). Im Gegensatz zu meinen Uni-Zeiten, bei denen eine Vorlesung fuer mich nie ein Grund darstellte aufzustehen, ist das beim Wandern schon ernster zu nehmen. Kurz nach 9 Uhr (Ab 9 Uhr gibt es Fruehstueck) war ich dann unten und sah zum ersten Mal die 2 Rammelhasen von gestern. Ein aelterer, grauhaariger Mann in weissem Anzug und eine juengere Gefaehrtin. Nachdem diese letzte Frage, die mich je beschaeftigte, beantwortet war, futterte ich noch das Crossaint belegt mit irgendeinem Kaese. Das Ciabatta belegte ich mir auch noch und packte es als Lunch ein. Noch schnell das Zimmer gezahlt und wieder ab ins Zimmer. Noch mehr oder weniger schnell die Sachen gepackt und los ging's. Es war 10 Uhr. Die hohe Kiste [ein Gipfel in der Naehe], welche gestern noch jede ihrer Ecken praesentierte, war schon in den Wolken verschwunden. Mit der Hoffnung, dass der gemeldete Regen nur troepfchenweise eintrifft, startete ich die heutige Tagesetappe.

Pferdal!
Aus unerfindlichen Gruenden spuhlte es mich richtig, ein bisschen drehte sich alles. Sehr strange. Aber sonst lief ja alles gut und so hatschte ich die erste Zeit entlang der linken Seite der Hauptstrasse, bei der sich ein Gehsteig befand. Schon in Wolfratshausen hatte ich angedacht, die abgeschnittenen Fussteile der Strumpfhose unter die Wandersochen anzuziehen um auch noch in den Socken mehr "rutschen" zu koennen. Horst schlug dann das auch vor und so laufe ich jetzt mit einer ganzen Strumpfhose, nicht nur mit einem verstuemmelten Oberteil. Das Laufen fiel mir heute nicht schwer. Zum zweiten Mal schon lief ich zwischen den ersten wirklichen Bergen auf meinen ersten wirklich grossen Berg dieser Tour zu. Schon bald verliess ich die Hauptstrasse und gelangte auf einen kleinen Weg, der eigentlich immer entlang der Loisach fuehrte. Manchmal wieder etwas weg, aber immer wieder zurueck. Zwischendurch gab's auch mal wieder jede Menge Pferdal zu beschauen. Bei Eschenlohe stand ich dann vor der Qual der Wahl. Entweder wieder entlang der sieben Quellen, die ich schon 2x abgehatscht bin und welche schattig waeren oder einfach entlang der Loisach. Im Gegensatz zu den vorherigen Etappen fuehlte ich mich heute so, als ob ich Baeume ausreissen koennte. Lag das eventuell daran, dass die Sonne nicht mehr grausam herunterbrannte? Deshalb ging ich auch den schnelleren Weg entlang der Loisach - leider war ich dadurch staendig dem Autolaerm ausgesetzt. Gestern Nacht taten mir auch saemtliche Murnauer leid, weil anscheinend _jeder_ Zug, der durch Murnau rauschte, mehrmals laut die Troete anliess. Und da kam mindestens jede halbe Stunde ein Zug! Naja - ist ja auch nicht mehr mein Problem und die Murnauer werden's sicher schon nicht mehr wahrnehmen [hab ich das nicht schon in 'Sinnlos ueber die Alpen 2' erwaehnt?!?].

Der hat Eier! Grillen bei Nieselregen.
Kurz vor Oberau machte ich auch meine erste Pause, aber nur 10 Minuten. Bei der Gelegenheit verdrueckte ich auch mein Lunchpaket und schon ging es weiter. In Oberau angekommen lief ich auch einfach weiter. Meine Fuesse taten noch nicht wirklich weh und in der Karte war ein Sportzentrum mit rotem Haus eingezeichnet. Das war mein geplantes Zwischenziel, was ca. 2/3 der Strecke bedeutete. Entlang des Gebirges hingen die Wolken wie festgenagelt. Nichts schien sich zu bewegen, aber irgendwie doch. Die Strecke von Oberau nach Farchang kannte ich zum ersten Teil nur zu gut. Das war die Strecke, die ich immer gelaufen bin, wenn ich hoch zur Weilheimer Huette bin.
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Schrott, der in Garmisch-Partenkirchen herumsteht...
So, WM schauen ist zu Ende. 4:0, baaschd! Angekommen bei dem Sportzentrum lief dort erst mal Fussball. Slovenien gegen irgendjemand. Ist ja klar, dass ich zu dem schon vor 2 Jahren gegangenem Land halte. Mit mir schauten dort auch 2 Familien Fussball, von denen mir jemand auch Infos ueber den Philosophenweg und den "Aufstieg" zum Grasseck sagen konnte. Nach dem Spiel und 2 Radler weiter, die wie Bier mit Wasser schmeckten entschloss ich mich doch dazu, den Philosophenweg wie schon vor 2 Jahren zu gehen. Kurz nach dem Aufbruch vom "Sportheim" fing es auch wieder an zu nieseln. Nicht wirklich schlimm, aber genug um mein Handy in Sicherheit zu bringen. 2 Jahre zuvor war es mir eine Lehre, das Handy nicht genug zu schuetzen, was in einem Wasserschaden endete. Dieses Mal packte ich es gleich in eine Tuete ein, die schon in meiner Hosentasche steckte. Bei dem Nieselregen fing ein Nachbar anscheinend auch das Grillen an! Ein Hoch auf die Karnivoren! Wie geil. Der waere in unserer Gemeinschaft der Karnivoren in meinem Ex-Wohnheim genau richtig aufgehoben. Da grillten wir auch bei Schnee, Sturm oder Regen! Weiter ging es dann auf dem Philosophenweg vorbei an Kuehen und anderem Zeug. Bissl hoch, bissl runter aber insgesamt wieder sehr schoen. Mittlerweile hatte es auch richtig zu pissen angefangen, weshalb ich sowohl den Regenschutz fuer den Rucksack als auch meine Regenjacke auspackte. Neu mit dabei auf dieser Tour ist auch meine neue Kameratasche mit Regenschutz. Dieser wurde auch darueber gezogen und mein Handy darin verstaut. Meine Regenhose behielt ich noch in meiner Hand und lief so weiter. Das war es mir noch nicht wert. Ich schwitzte dank dem jetzt schwuelen Wetter schon genug! Mit dem Regenschutz in der einen Hand hatschte ich dann weiter und weiter, die Philosophensprueche [die an ein paar Stellen angebracht waren] ignorierend weiter, bis Garmisch-Partenkirchen unter mir lag, von Wolken ueberdeckt. Dann kam ich endlich beim Schuetzenhaus raus. Wieder einmal mehr mit der Erfahrung von letztem Mal ging ich nicht sofort bergabwaerts sondern blieb noch etwas oben, vorbei an irgendeinem Denkmal fuer Koenig Ludwig. Kurz danach fing es dann endgueltig an, wie aus Eimern zu regnen. Toll. Jetzt ist es zwar kuehler, dafuer aber nass. Um das Wasser vom Eindringen in meine Schuhe zu hindern, zog ich jetzt auch meine Regenhose im Stehen an. Hat sich doch noch rentiert, die Hose so mitzutragen. Sonst muesste ich noch in meinem Rucksack herumwurschteln, wozu ich ihn wiederum abnehmen muesste. Irgendwann endete aber dieser Weg und ich ging bissl bergabwaerts. Anscheinend in der Innenstadt angekommen fragte ich 2 Frauen, wohin es denn zur Partnachklamm gehen wuerde. Dann fingen die an, auf russisch zu reden! Ajjjaaaa! Aber sie hatten eine Touri-Karte, sodass ich schnell den Weg wusste [da waren die Strassennamen mit eingezeichnet].

Die Runde beim abendlichen Fussballschauen
An der Hauptstrasse angekommen, laechelte mich ein blaues Fussgaengerschild an, unter dem Partnachklamm mit einem Pfeil zu sehen war. Sehr schoen! Dieser [Fuss]Weg fuehrte mich dann auch schnell zur haesslichen Skisprungschanze und damit auch endlich zum Eingang zur Klamm. Nachdem es kurz zu schuetten aufhoerte und auch die Telefonnummer des Forsthaus Graseck auf einem Schild zu sehen war, packte ich schnell mein Handy aus und klaerte die heutige Uebernachtung. Weiter ging's ueber eine haessliche Teerstrasse. Ein Kutscher fragte mich auch, ob er mich vllt. fahren koennte, was ich mit einem Laecheln verneinte. Nach bissl Smalltalk ging ich weiter und weiter, vorbei an sich unterstellende Menschen, bis ich vor der Klamm stand. Von hier fuehrte links eine sackrisch steile Strasse hoch. Sowas steiles hab ich bisher auch nur selten gesehen! Einmal setzte ich mich noch fuer 5 Minuten hin, um fuer die letzten 15 Minuten Kraft zu tanken und meinen Fuessen Erholung zu schenken. Schritt fuer Schritt, Atemzug fuer Atemzug ging es dann noch sackrisch steil hoch. Nach ein paar Kehren und ca. 150 weiteren Metern kam ich dann endlich beim Forsthaus an. Wie mir der Kutscher von unten gesagt hatte (oder hatte er mich gewarnt?), handelte es sich hierbei um ein Hotel. Egal. Hauptsache ein Dach ueber'm Kopf. Nach dem Empfang wieder das uebliche Ritual: Duschen, Waesche waschen, Wunden lecken und ab zum Essen, waehrenddessen ich mein Tagebuch anfing zu schreiben. Als Essen goennte ich mir eine Leberknoedelsuppe (zum Aufwaermen) und einen Schweinebraten, wobei letzteres eher zaeh als Schwein war. Aber sonst war's eigentlich gut. Leider kapierte die Bedienung zu spaet, dass ich zahlen wollte, weshalb ich das erste Tor zum 1:0 verpasste! Den Rest gibt's dann morgen. Mir tut die Hand weh und ich muss in's Bett. Es ist kurz vor 1!!!