Zu Tagebuch Eintrag
1  2  3  4  5  6  7  8  9  10  11  12  13  14  15  16  17  18  19  20  21  22  23  24  25  26  27  28  29  30  31  32  33  34  35  36  37  38  39  40  41  42  43  44  45  46  47  48  49  50  51  52  53  54  55  56  57  58  59  60  61  62  63  64  65  66  67  68  69  70  71  72  73  74  75  76  77  78  79  80  81  82  83  84  85 
 

Donnerstag, 19.8.2010

Tag 72 - 2 Etappen bei Sonnenschein

Camping des Allouviers → Le Chambon → Champcella → Le Ponteil → Mikeou → Mont-Dauphin → Eygliers → Le Girards → Col Garnier → Refuge de Furfande
Sehr frueh ging's los um die Morgensonne zu nutzen.
Die 2 Etappen konnte ich tatsaechlich zusammenlegen und sitze jetzt oben in der Huette. Mein Ruecken laesst mich das auch deutlich spueren. Die Nacht war recht erholsam, aber wieder mal kalt. Als ich wieder mal zum Umdrehen aufwachte, zog ich auch wieder meine Socken an. Dieses mal liess ich bei meiner Aussenhuelle den Reissverschluss am Eingang offen, um etwas gegen die Kondensation zu machen, was tatsaechlich etwas geholfen hat. Da mein langes Oberteil noch feucht war und ich meine Jogginghose an hatte, musste mein Wuschel als Kopfkissenersatz herhalten. Um 6:15 klingelte dann mein Wecker, den ich wieder 10 Minuten weiter stellte.

In der Ferne war schon die Befestigungsanlage zu sehen - mein erstes Zwischenziel fuer heute.
Dann ging's erst mal auf's Klo. Da ich am Abend literweise Saft getrunken habe, musste ich das als erstes erledigen. Alle anderen schliefen noch und ich fing an mein Zeug zu packeln und nebenbei Toastbrot, belegt mit Schinken, zu essen. Gestern beim Bettgehen - fix! Nein! Zeltgehen! - verkrampfte mir auch 1x irgend ein Muskel am Fuss und viele andere Muskeln waren auch immer kurz davor zu verkrampfen. Den 1 Liter Saft trank ich auch aus. Ich habe das Gefuehl, dass ich unterwegs weniger trinke, wenn ich in der Frueh und am Abend viel trinke. Nichtsdesdotrotz fuellte ich heute meine Trinkblase mit den vollen 3 Litern, da ich ja heute evtl. noch mehr vor hatte.

Viele schnucklige Wege gab's auf der ersten Etappe.
Das ganze Abbau- und Fruehstueckprozedere hat doch wieder laenger gedauert, sodass die Sachen erst kurz vor halb 8 gepackt waren. Das war schon mal nicht im Zeitplan inbegriffen aber na gut. Immer noch ist keiner aufgestanden, als ich mich auf die Socken machte. Schon seltsam, dass es mir hier so gut gefaellt. Naja. Seltsam eigentlich nicht, da 5 € fuer eine heisse Dusche, kostenloses Internet und einer super guenstigen Einkaufsmoeglichkeit nicht viel ist. Der Besitzer ist auch sau-freundlich. Mit 3 Tafeln Schokolade ging's also los.

Endlich wieder ein Via Alpina Schild - nach einer gefuehlten Ewigkeit.
Natuerlich war ein Blick in den Himmel wichtig, der noch sehr gut aussah. Der Weg ging erst einmal zu dem Hotel, bei dem ich gestern nach einer Unterkunft gefragt hatte und die Strasse entlang weiter, bis der Wanderweg nach links von der Strasse weg ging, allerdings nur fuer einen kurzen Moment, denn ehe ich mich versah, war ich schon wieder auf der gleichen Strasse unterwegs. Das hat sich ja rentiert. Wer hat denn diesen Mist festgelegt?!? Naja. Was soll's. Ueber die Strasse ging es weiter. Allmaehlich wurde es auch heller, da die Sonne ueber die Berge kam. Deshalb zog ich wieder mein langes Oberteil aus, dass ich trotz, dass es an den Aermeln noch etwas nass war, beim Aufstehen angezogen hatte. Mittlerweile hatte ich auch einen Plan: Sollte ich vor 12 Uhr das Ziel der jetzigen Etappe erreichen, gehe ich weiter. Ansonsten suche ich eine Unterkunft. Mit Tempo ging ich weiter um keine Zeit zu verlieren. Ich musste nur den GR50 Schildern folgen.

Der aus Kalk entstandene Wasserfall.
Seit Gestern mache ich mir auch Notizen mit dem Handy um fuer die Eintraege nichts zu vergessen. Das Landschaftsbild hat sich seit Gestern stark geaendert. Nicht nur, dass alles trockener erscheint - nicht wg. dem Sonnenschein sondern allgemein - auch die Landschaft ist huegeliger geworden. Hier und dort ragen Felsen heraus, wo anders sind einfach nur viele bewachsene Huegel, wiederum an anderem Orte ragen wie aus dem Nichts steile Felswaende hoch. Wg. den GR Wegen die es hier zu Hauf gibt habe ich auch die Idee, dass diese zu bestimmten Zwecken geschaffen wurden: Um die Leute zu animieren, lange zu wandern und um viele Wege schlichtweg durch das Begehen frei zu halten. Sowas sollte jedes Land mit Wanderwegen schaffen, sonst muessen die Leute auf diese stink langweiligen Pilgerwege zurueckgreifen.

Ein Turniergelaende in der Befestigungsanlage
Fuer's erste kam ich von der Strasse weg, da ein Wanderweg abzweigte und 200 HM nach Le Pont hoch fuehrte. Schon von hier konnte ich die "Festung" sehen, die das Endziel der Etappe war. Der Weg zog sich aber noch lange hin. Nach einem weiteren kurzen Hatsch ueber die Strasse ging schon bald wieder ein Wanderweg weg. Mittlerweile hatte ich mich auf die franzoesischen Wegmarkierungen gut eingespielt. Die Idee, oft nur an Wegkreuzungen zu markieren und vor allem Nicht-Wanderwege mit einem rot-weiss Kreuz zu markieren finde ich ziemlich gut. Jetzt kam eine laengere Strecke Wanderweg. Erst mal ging es der Morgensonne ausgesetzt ueber einen kleinen Bach und danach unter Baeumen weiter. Beim erneuten kleinen Aufstieg begegnete ich dem Schweizer, der wohl schon weit vor mir aufgestanden war. Viel hatten wir uns aber nicht zu sagen da ich ihn auch schnell ueberholte. Da dachte ich mir schon, dass ich ihn nicht mehr sehen werde, wenn ich die zweite Etappe draufschlage.

Kraefte sammeln!
Als ich auf einer Lichtung herauskam, musste ich dann tatsaechlich laenger suchen, ehe ich eine Markierung fand und war ein paar Minuten spaeter wieder auf einem Forstweg unterwegs. Als ich so dahinging und zur Abwechslung beide Stecken mittig in einer Hand hielt fiel mir auf, dass eine der Spitzen kaputt war. Ja so ein Dreck!!! Aber mich wunderte schon, dass von den Spitzen bisher keine abgegangen war. Was heisst Abgegangen. Im meinem Wanderstock klapperte etwas, was wohl die Spitze sein koennte.

Wieder mal in weiter Ferne: Der Weg horizontal im Berg, den ich in 1 h gehen muss.
In Mikeou angelangt folgte ich einfach den GR 50 Markierungen weiter, aber nicht sehr lange. Da ich bei jeder Abzweigung einen Blick in meine Karte werfe, fand ich hier eine Unstimmigkeit in meiner Via Alpina: Sie zweigt hier vom GR 50 ab. Also ging ich die paar Schritte wieder zurueck und ging die Strasse weiter runter wo ich prompt wieder ein Via Alpina Schild fand. Mei sind die huebsch :-). So war ich mir wieder sicher, auf dem richtigen Weg zu sein. Auf der Strasse absteigend warf ich auch einen Blick zwischen 2 Berge nach Westen. Dort war schon wieder nichts zu sehen ausser Flachland! Nach einer falschen Abzweigung, die mich aber nur dazu zwang auf der Strasse zu laufen und 2 weiteren Kehren gelangte ich wieder weg von der Strasse wo sich der Weg nur sehr langsam nach unten zog. Immer suchte ich nach einem Weg, der unter mir verlief um abkuerzen zu koennen, aber es war nichts zu sehen.

Auch dieser Weg wurde in den Stein geschlagen.
So ganz sicher war ich mir nicht, ob die ein oder andere Abzweigung richtig war. Einmal lief ich sogar einen Weg, der mit einem rot-weissen X versehen war, was mir aber egal war solange ich noch auf einem absteigenden Weg war. Dann waere beinahe ein Unglueck passiert. Ich knicke ja jeden Tag mind. 1x um, aber heute war es so heftig, dass ich Schmerzen in meinem linken Fuss hatte, was ich aber ignorierte und leicht humpelnd weiter lief. Nach 5 Minuten hoerte der Fuss auch wieder auf zu meckern. In der Naehe des Dorfes Reotier ging der Weg weiter runter, ehe er wieder im Wald angenehm auf weichem Boden zu gehen war.

Bald war ich wieder weit weg von der Zivilisation auf einem huebschen Wanderweg unterwegs.
Nach vielen kleinen Kehren und wieder einem laengeren Stueck stand ich wieder mal vor der Frage, wo denn hier der [Weg] weiter nach unten gehen wuerde. Die Karte gab mir auch keinen konkreten Hinweis, so versuchte ich es erst mal ueber den Weg in den Wald, der nach 100 Metern nach oben fuehrte. Ne - das ist wohl nicht der richtige Weg. Mit dem Vorhaben, einfach querfeld abzusteigen, ging ich wieder zurueck und um das eine Haus herum wo ich direkt runter wollte, war dann auf einmal der Weg sichtbar. Wieso nicht gleich so. Ueber ein paar weitere Abzweigungen gelangte ich so runter ins Tal, wo ein Brunnen auf mich wartete, der ausschliesslich aus dem Kalk im Wasser erzeugt wurde.

Der Weg wurde wieder mal von wohl vielen Freiwilligen wunderbar praepariert.
Ueber die Eisenbahnbruecke ueberquerte ich dann noch den Fluss und verlief mich auf einen kleinen Weg, der direkt auf einer Hauptstrasse endete. So lief ich noch 100 Meter die Hauptstrasse entlang, ehe ich wieder auf der richtigen Via Alpina war - oder so aehnlich. In die Festung lief ich naemlich die Strasse hoch, da ich keinen Wanderweg fand. Immer wieder schaute ich heute auf die Uhr in der Hoffnung, rechtzeitig anzukommen um noch die 2te Etappe draufzulegen. Gegen 11:30 trat ich dann durch die Pforten des Etappenziels. Perfekt. Genau wie geplant! Fuer viel Sightseeing war keine Zeit, nur einmal schaute ich um die Ecke ehe ich in das kleine Dorf ins Zentrum ging. Bei einer noch geschlossenen Bar erfuhr ich, dass es hier keinen Supermarkt gibt, so ging ich eben in eine Bar, die offen hatte und bestellte mir 2 Cola (0,2 Liter) und 1 Mineralwasser, wo mir jemand half, da die Bedienung kein Englisch konnte. Das Sandwich bestellte ich dann aber selbst und bekam auch ein wirkliches Sandwich, nicht so wie in der italienischen Huette. Ein mit Butter bestrichenes, mit Schinken belegtes knuspriges Baguette, das mir den Hunger stillte.

Ein immer duenner besiedelter Wald schuetzte mich nicht weiter vor der Sonne.
Um 12 Uhr begab ich mich dann auf den weiteren Weg nachdem ich vorher noch bei der Huette angerufen hatte um eine Uebernachtung sicher zu stellen. Ueber weitere alte Gemaeuer lief ich die Strasse entlang. In weiter Ferne sah ich schon eine Strasse, die in den Felsen gebaut wurde und ueber die ich in weniger als 1h laufen werde. Erst mal ging es etwas runter ins Dorf Eygliers, von dem ich aus ueber die Strasse mit vielen Kehren hoeher kam. Schon alleine das zog sich ewig hin, da die Strasse wenig Steigung hatte. Der Himmel passte soweit auch noch und musste auch passen, da ich oben nur knapp unter den Gipfeln laufen wuerde. Nach den vielen Kehren vereinigte sich die Via Alpina wieder mit einem anderen GR, dieses mal mit dem GR 541.

Ab diesem Zeitpunkt war ich schon ziemlich kaputt - aber ueber den kleinen Uebergang in der Mitte des Bildes musste ich noch.
Jetzt ging der Weg erst einmal sehr lange Zeit den Hang - besser gesagt dem Felsen - leicht ansteigend entlang und schlaengelte sich schier endlos. Immer wieder schaute ich mir die schroffen Felsen an die den Weg zierten. Dann ging der Weg in flachere Gefilde ueber, vorbei an "Gros" und wurde dann zur Schotterstrasse, die sich wieder ewig hinzog. So kamen also auch die 17 km zustande, die fuer diese Etappe angesetzt waren. Nach weiteren 2 - 3 km, die die Schotterstrasse weiter nach oben ging, ging ein "normaler" Wanderweg weiter, der zu meinem Ueberraschen aber nicht weiter nach oben ging sondern die Schlucht entlang nach unten fuehrte. Mist. Aber so verlor ich nur in etwa 70 HM der bisher ca. 500 erkaempften. Am tiefsten Punkt ging der Weg ueber ein kleines Rinnsal und ging in Serpentinen wieder hoeher wo ich den meisten Verlust der HM wieder wett machte.

Kein Baum schuetzte mich mehr vor der Sonne - aber 's hilft ja nix. Mit einem verbrutzeltem Hirn laeuft sich's auch viel einfacher :-).
Etwas anderes stoerte mich gerade aber noch mehr: In der Karte ist um den Wanderweg herum alles gruen bemalt, was auf einen Wald schliessen laesst. Nur ist dieser Wald so duenn besiedelt, dass er so gut wie keinen Schutz vor der Sonne gab, die zu allem Ueberfluss trotz bewoelktem Himmel durch die duenne Wolkendecke herunter brannte. Damit hatte ich bei der Planung nicht gerechnet. Weiter ging der Weg bald steiler ansteigend durch den duenn besiedelten Wald, wieder mal vorbei an verfallenen Haeusern, die ich erst fuer die in der Karte eingezeichnete Schutzhuette hielt. Aber die Schutzhuette fand ich nicht - nicht einmal einen Wegweiser, der den Weg zu dieser zeigte. Der steile Weg endete mit dem Waldstueck und ich konnte einen Blick auf den Pass werfen. Nicht direkt den Pass, sondern den Hang, der ein paar Meter daneben hoch ging.

Nach dem hoechsten Punkt stand mir dann doch noch viel auf und ab bevor.
Erst einmal setzte ich mich aber kurz auf einen Stein. 1000 HM des Anstiegs waren jetzt geschafft. Fehlen noch ca. 250 HM. Nach der kurzen Pause lief ich noch gute 150 HM dem Pass entgegen, ehe ich auf der Karte sah, dass es dahinter nochmal etwas runter und rauf ging. Das war im Hoehenprofil nicht zu sehen!!! So setzte ich mich erst mal auf einen weiteren Stein und beschloss, eine kleine richtige Pause einzulegen. Da mein Wasservorrat in der Trinkblase noch mind. 1 Liter betrug, war es auch kein Problem den halben Liter Not-Mineralwasser zu trinken. Zu Essen packelte ich eine der 3 Schokoladentafeln unterschiedlicher Hersteller aus. Als erste glaubte die Lindt Schocki daran, bei der ich mir vornahm, nur die Haelfte zu essen. Aber der Laenge nach waren das nur 5 Rippen. Ja ne! Das kann man nicht teilen [also halbieren]! Also glaubte die ganze Tafel dran. Ein weiterer Grund fuer die Pause war im uebrigen auch, dass mein Ruecken anfing zu schmerzen. Das war doch etwas viel fuer ihn, wohl vor allem wegen den letzten 2 Naechte, die ich auf dem Boden schlief. Auch diese Pause hatte nach 15 Minuten ein Ende.

Die vielen Ferienhuetten hier oben.
Mit der Tafel Schokolade im Magen und mehr Zucker im Blut waren die letzten 100 HM auch kein Problem mehr und so kam ich beim Pass an, bei dem mich der Wind gleich weiter blies. Jetzt ging es erst mal wieder runter und zwar dem Anschein nach soviel, dass ich vorsichtshalber nochmal in der Karte nachschaute, aber das stimmte schon. Der Weg nach unten war relativ schnell geschafft, nur musste ich jetzt eben schon wieder hoch. Viele Wege fuehrten hier weiter aber nur der mit der weiss-roten Markierung war der Richtige. So lief ich zwischen weit verstreute Haeuser hindurch, bei der sich erstaunlich viele Menschen tummelten obwohl hier her keine Strasse fuehrte. Nachdem ich die HM auf gleiche Hoehe wie zum Pass wett gemacht hatte, kam ich endlich bei der Huette an.

Eines meiner schoensten Bilder weil es so unwirklich aussieht: Der Mond.
Bestellt hab ich mir erst mal einen Liter Mineralwasser und ein grosses einheimisches Bier, wobei ich bei letzterem feststellen musste, dass es 6,70 € kostet!! Fuck!!! Mein Zelt packelte ich auch aus und lies es von dem starken Wind trocknen. Nach 20 Minuten konnte ich es endlich wieder trocken zusammenpacken. Eine heisse Dusche gab's fuer 2 € auch, so lange ich wollte - und das war lange. Noch schnell Sachen waschen und dann kam doch tatsaechlich der 65-jaehrige Schweizer hoch zur Huette. Der hatte sich also auch noch den Aufstieg gegeben. Respekt in diesem Alter!!! So plauderte ich mit ihm noch etwas und schon gab's Essen. Erst eine richtig gute Suppe und danach Schweinebraten mit Nudeln. Ja wie lecker! Dann noch eine schmackhafte Kaeseplatte und zum Abschluss einen Joghurt. Ja, da hat sich die HP definitiv rentiert. Das einzige was nicht so berauschend war, war der Wein, von dem ich mir einen halben Liter bestellte. Der wurde von Glas zu Glas schlimmer, sodass ich Englaender an meinem Tisch zur Mithilfe bei dessen Vernichtung bat. Es ist schon wieder 23:30. Zeit, ins Bett zu gehen.